Überladen, wirr und erschreckend seicht

Hexenkuss - Witch: Roman - Debbie Viguié;Nancy Holder

EINE JUNGE LIEBE – EIN URALTER FLUCH

Holly Cathers Eltern sterben bei einem schrecklichen Unfall, und ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu ihrer Tante Marie-Claire nach Seattle zu ziehen. Bis dahin hat sich Holly immer für eine normale junge Frau gehalten. Doch hier erfährt sie die Wahrheit, vor der sie ihr Vater immer hatte behüten wollen: Holly entstammt einem uralten Hexengeschlecht – und ihre Familie befindet sich im Krieg mit den mächtigen Hexern des Deveraux-Clans!

 

Als ich dieses Buch im Amazon Vine Newsletter entdeckte, habe ich mich spontan dafür entschieden. Die “Konkurrenz” traf meinen Geschmack gar nicht, außerdem klang der Inhalt vielversprechend. Auch wenn es natürlich wieder mal die Hexen sind, die das Hauptthema stellen, und damit  wirklich nichts Neues. Aber ich habe dann und wann auch echte Perlen in der Masse entdeckt, wieso sollte “Hexenkuss” nicht auch eine dieser Perlen sein?
Das weiß ich nun nach dem Lesen ganz genau!
Dabei fängt das Buch gar nicht schlecht an mit Holly und ihren Eltern und ihrer Freundin auf der Rafting-Tour, auf der das verhängnisvolle Unglück geschieht. Das ist ganz spannend und da ich ein Faible für Teenanger-Storys habe, konnte “Witch” tatsächlich direkt den ersten Pluspunkt einfahren.
Leider rauscht die Bewertung nach diesem Anfang geradezu fulminant in den Minus-Bereich.

Denn danach wird die Handlung einfach nur konfus und unüberschaubar. Ich bin mir sicher, die Autorinnen haben gründlich recherchiert in Sachen Okkultismus, Wicca, Hexenkunst, Geschichte etc., dafür sprechen die Schilderungen von Ritualen und historischen Handlungssträngen. Leider wird man gerade in diesen Passagen so sehr mit Informationen, “fachlichen” Begriffen und Zusammenhängen zugedonnert, dass man schon nach wenigen Abschnitten schier den Durchblick verliert. Vielleicht sollte man nebenbei stichwortartig mitschreiben, aber das empfinde ich nicht als entspanntes Lesen, daher kommt das für mich nicht infrage.
Hinzu kommt noch, dass sich die Handlung quasi auf verschiedenen Ebenen abspielt. Wie gesagt wird man im Nu vom Hier und Jetzt um Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt. Dann wieder erhält man Einblick in Träume und Visionen. So dauert es gar nicht lange und man weiß gar nicht mehr, ob das Gelesene nun in der Realität spielt oder ob es einem Traum oder eine Vison entspringt. Da obendrein noch Zusammenhänge zu sehen oder zu erschließen, das ist mir schlichtweg unmöglich.
Erwähnenswert ist noch -gerade weil das Buch Lesern ab 12 Jahren empfohlen wird-, dass es hier in Sachen Okkultismus und Hexenkunst mit all ihren Auswirkungen mächtig zur Sache geht. Da wird verflucht und auf das Blutigste gemordet, geopfert und gefoltert. Ich bin die Letzte, die eine solche Altersempfehlung aus diesen Gründen verurteilt. Ich denke, die 12jährigen von Heute kennen das (leider) nur zu gut. Für mich persönlich hätten diese Punkte eigentlich die Bewertung wieder in die Höhe treiben müssen, da ich für die weichgespülten Hexen-Storys nichts übrig habe. Aber sie trösten über die wirre Handlung nicht genug hinweg um die Wertung deshalb hochzusetzen.

 

Ein Buch nach dem Prinzip “Ein Kapitel am Tag” zu lesen, mag für viele Leser normal sein. Für mich ist das immer ein Zeichen dafür, dass mich die Geschichte nicht gepackt hat. Das war auch bei diesem Buch der Fall, ich musste mich täglich dazu zwingen. Dabei ist der Schreibstil in den Passagen, die im Heute und in Hollys Alltag spielen völlig in Ordnung. Leicht und locker, eben für junge Leser. Dreht die Handlung aber in die Richtung Hexenkult etc ab, wird es mordsmäßig anstrengend. Die Kapiteleinteilung folgt der (oder dem?)  Esbat, einem “Kalender” aus der Hexenreligion, und jedem Kapitel ist ein passendes Gedicht vorangestellt. Diese Gedichte tragen allerdings auch nicht gerade dazu bei, die Geschichte leichter zu durchblicken. Und sie lesen sich ebenfalls nicht leicht. Eher im Gegenteil!

 

Aus dem Covermotiv bin ich ebenfalls nicht schlau geworden. Die roten Blüten bringe ich ja noch mit Hollys Gefühlen für Jer -und umgekehrt- in Verbindung, dieser spiegelbildliche Baum dahinter ergibt für mich keinen Sinn, ausser das sein Geäst genau so krude ist wie die Geschichte.

 

Fazit:   Für eingeschworene Fans der Hexen-Religion womöglich ganz interessant und spannend. Ich fürchte nur, die findet man unter den ab 12jährigen eher selten. Allen anderen kann ich keine Empfehlung für dieses Buch aussprechen. Eine absolut wirre, unüberschaubare und überladene Handlung und ein Stil, der mich fatal an den der Mystery-Romane aus dem Cora Verlag erinnert. Und so gerne ich die manchmal lese, aber in Buch-Form erwarte ich einfach eine “griffigere” Geschichte.

Quelle: http://leserattz.wordpress.com/2010/11/11/rezension-hexenkuss-witch-nancy-holder-debbie-viduie