Schwacher Reihenauftakt

Schattenblüte. Die Verborgenen - Nora Melling

Eine Liebe, stärker als der Tod
Seit dem Tod ihres Bruders ist für Luisa nichts mehr, wie es war. Sie beschließt zu sterben. Aber kurz vor dem letzten Schritt hält jemand sie auf: Thursen nennt sich der Junge mit den ­geheimnisvollen Schattenaugen. Mit einer Gruppe ­Jugendlicher lebt er im Wald, und er spürt Luisas Schmerz. Die «Verborgenen» können ihre Gestalt ändern: Sie sind ­Werwölfe. Mit jeder Verwandlung wird Thursen mehr zum Tier – und die Erinnerungen an sein vorheriges Leben verblassen. Bald wird er ganz Wolf sein. Dann hat Luisa auch ihn verloren. Für ihre große Liebe ­würde sie alles tun. Doch reicht das, um Thursen zu retten?

 

Werwölfe. Mein Instinkt hatte mich gewarnt. Aber ich bin ja ein optimistischer Mensch (jedenfalls meistens ;) ) und hoffe so jedes Mal aufs Neue, mal wieder eine andersartige Geschichte in diesem Genre anzutreffen.
Die Werwölfe waren auch gar nicht mein Problem an dieser Geschichte. Ganz im Gegenteil: Werwölfe mitten in Berlin, der Gedanke hat mir gefallen. Das würde meine Lieblingsstadt glatt noch attraktiver machen ;)
Mein erstes Problem war Luisa selber. Ja, sie hat ihren kleinen Bruder verloren, den sie sehr geliebt hat. Ihre Eltern ziehen mit ihr weg, so dass sie nicht mal einen Ort zum trauern hat, und sie spielen verbissen heile Welt. Dabei übersehen sie ganz, wie sehr Luisa leidet. Das ist alles sehr traurig, ganz ohne Zweifel.
Allerdings hatte ich Luisa ihre Trauer schon nach einem Drittel des Buches abgenommen und Mitgefühl mit ihr gehabt. Dass diese Trauer alle paar Seiten neu aufgekocht und thematisiert wird, das ging mir irgendwann auf die Nerven. Dabei habe ich Luisa sonst durchaus auch als stark und selbstbewusst empfunden. Der Eindruck, dass sie leidet und trauert verliert sich beim Lesen doch nicht, nur weil er nicht immer wieder aufgefrischt wird!
Solche Widersprüchlichkeit in Luisas Wesen zeigt sich aber auch an anderer Stelle. Nämlich wenn sie Thursen zum x-ten Mal androht, jetzt für immer zu gehen…und dann nach maximal fünf Seiten wieder zu ihm rennt. Was der übrigens gar nicht verdient, denn ER macht ganz sicher die wenigsten Fehler von den beiden.
Der wesentliche Knackpunkt für mich war jedoch die Story an sich. Mir fehlte bei ihr der berühmte rote Faden. Um was genau geht es in der Geschichte? Mal dreht sich alles um Luisas Trauer, mal um die Liebe zwischen ihr und Thursen, die so hoffnungslos ist. Dann besteht plötzlich die Gefahr für Luisa, sich den Wölfen anzuschließen. Dann wieder forscht sie nach Thursens Vergangenheit und seinem richtigen Namen, der ihn eventuell von seiner Existenz als Werwolf erlöst. Dann stößt ein neues Mädchen zum Wolfsrudel und alles dreht sich um sie. Dann wird ein Wolf getötet und das Rudel sinnt auf Rache. Dann, dann, dann. Zig angefangene Handlungsstränge, die aber nie zusammenlaufen um ein Ganzes zu ergeben und von denen auch nur einer wenigstens vorläufig abgeschlossen wird.
Natürlich werde ich auch Band 2 lesen, und hoffe sehr, dass dann alle diese Enden verknüpft werden. Sie sind ja nicht uninteressant, wirken in Band 1 aber einfach unausgegoren. Ich erwarte bei einem Mehrteiler kein abschließendes am Ende von Teil 1, aber mit so vielen “Anfängen” habe ich mich verloren, verwirrt und auch leicht verärgert zurückgelassen gefühlt.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass es mir auch ein wenig an Romantik und Liebe gefehlt hat. Dass sich die beiden ohne ein Wort, nur durch einen Blick und eine Berührung unsterblich verlieben, okay. Das ist wohl so, wenn man plötzlich einem Werwolf, Vampir etc gegenübersteht. Von mir aus! Aber so verliebt sie sind…gefühlt habe ich davon später nur selten etwas. Es muss nicht zwischen den Seiten heraustriefen, aber eine gewisse Romantik gehört zu einer Liebesgeschichte.

Luisa erzählt selber von ihrer Liebe zu Thursen und den Abenteuern, die sie mit und wegen der Werwölfe erlebt. Das sorgt dafür, dass der Ton jugendlich ist. Zudem gelingt es so besonders gut, dem Leser Luisas Gefühlswelt zugänglich zu machen. Zu Beginn der Kapitel sind jeweils eine Blüte und schwarze Vögel abgedruckt, was mir gefallen hat. Solche Kleinigkeiten werten ein Buch (und manchmal auch eine Geschichte) für mich immer etwas auf. Fest gebunden ist das Buch nicht. Das Cover ist zwar stabil, aber noch flexibel.

 

Das Covermotiv gefällt mir sehr gut, weil es so düster gehalten ist. Die grau-schwarze Blüte, das blasse Gesicht mit dem eindringlichen Blick unter kohlschwarzen Wimpern, das hat was! Soweit ich mich erinnere, ist Luisa allerdings blond…
Die Tropfen und der Titelschriftzug sind leicht erhaben eingeprägt. Auch das mag ich bei Covers immer sehr.

 

Fazit:  Ich hoffe, im zweiten Teil werden die hier begonnenen Handlungsstränge weitergeführt, vertieft und schlüssig beendet. Mir hat in diesem ersten Teil einfach ein roter Faden gefehlt. Zudem konnte ich mich mit Luisa nicht richtig anfreunden. Mir sind ihre Handlungen und ihr Wesen zu widersprüchlich. Und bitte, liebe Luisa, das mit deinem Bruder tut mir sehr leid. Das wird auch bei Band 2 noch so sein. Es muss also nicht wieder ständig widerholt werden.

Quelle: http://leserattz.wordpress.com/2012/04/05/rezension-schattenblute-01-die-verborgenen-nora-melling