Spaßiges Buch, das man nicht falsch verstehen darf

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt - Emmy Abrahamson, Anu Stohner

Warum um Himmels willen können die Mitglieder ihrer Familie nicht so sein wie alle anderen? Alicja wäre doch am liebsten eine ganz durchschnittliche 15-Jährige. Geht aber nicht, weil Alicjas Mutter Polin ist. Das sagt eigentlich schon alles – wenn man mit polnischen Müttern vertraut ist: Mit absoluter Treffgenauigkeit und pfeilgerade schaffen sie es, zu jeder Gelegenheit das zu tun, was ihren pubertierenden Töchtern wahlweise Scham, Zorn oder blanke Verzweiflung ins Antlitz treibt. Das fängt beim Essen an und hört bei Alicjas Freunden noch lange nicht auf. In alles mischt sich die Mutter ein. Als Alicja nach einem ihrer neuerlichen Verkupplungsversuche einen Tobsuchtsanfall erleidet und mit Tellern und Koteletts um sich schmeißt – der krönende Höhepunkt einer total verrückten Hochzeit übrigens – , geht ihr ein Licht auf: Nur wer sich wirklich liebt, kann sich so maßlos auf die Nerven gehen.

 

Dieses Buch war eine Zufallsentdeckung. Es klang nach leichter und witziger Lektüre, also genau richtig für zwischendurch, und genau das war es für mich dann auch. Auch wenn mein Enthusiasmus bereits anfangs einen kleinen Dämpfer bekam als ich feststellte, dass die Geschichte in Schweden spielt. Und mein Interesse an Schweden reicht leider nicht über Pippi Langstrumpf hinaus. Sorry an alle Schweden-Fans ;)
Dieser skeptische Moment verflog dann aber sehr schnell, zumal mich die Geschichte sofort packte. Alicja mochte ich vom ersten Moment an. Mit einigen Ansichten und Beschreibungen wirkte sie auf mich zwar oft älter als 15, doch das störte mich nicht. Lieber so als teeniemäßig albern. Doch natürlich ist Alija ein Teenager, mit allem was dazu gehört: Freundinnen, Schule, Liebe und vor allem ganz viel Stress mit ihrer Mutter. Die hat als Polin so einige Eigenarten, die Alicja wahlweise auf die Nerven gehen oder ihr peinlich sind wie sonstwas.
Und genau davon erzählt Alicja in diesem Buch. Mir tat sie oft ehrlich leid und ich konnte gut nachvollziehen, wie sie sich in bestimmten Situationen fühlt. Es ist oft wirklich haarsträubend, was sie mit bzw Dank ihrer liebenden Mutter alles erlebt. Gleichzeitig habe ich aber auch häufig darüber grinsen müssen. Alicja erzählt so witzig und mit einem so feinen Blick für Details, da kommt man um ein Schmunzeln kaum herum, ich habe manches Mal sogar richtig gelacht. Mein Favorit war das Familienauto, dem in Polen der Anfangsbuchstabe des Herstellerschildes geklaut wurde und das fortan bei Alicja nur noch “Olvo” heißt.
Neben all den chaotischen Ereignissen beschreibt Alicja auch die anderen Familienangehörigen sehr genau. Sie hat einen guten Blick dafür, was sie von der normalen schwedischen Familie, die sie sich so sehr wünscht, alles unterscheidet. Das hat es mir leicht gemacht, mir ein Bild von ihnen zu machen, und so hatte ich bald eine ziemlich bunte und etwas sonderbare Truppe an Charakteren vor Augen. Bei einigen fiel mir das besonders leicht, weil ich “Solche” tatsächlich schon mal gesehen bzw erlebt habe.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Buch einigen Lesern sauer aufstoßen wird, weil man sagen könnte, dass das alles nur Vorurteile sind und alles überzogen beschrieben wird. Ich glaube allerdings nicht, dass Emmy Abrahamson eine solche Diskussion anfachen, sondern einfach eine flotte und amüsante Geschichte erzählen möchte. Und das ist ihr für meinen Geschmack gut gelungen. Ob da Vorurteile gefüttert oder Klischees ausgebreitet werden…keine Ahnung. Ehrlich gesagt, ist mir das sogar egal. Das ist kein tiefgründiges Werk, sondern eine witzige Story für Jugendliche.
Ich war jedenfalls immer neugierig, was Alicja noch alles mit ihrer Familie erlebt. Genauso neugierig war ich, wie es mit ihr und Schulfreund Ole weitergeht. Denn eigentlich dürfte Alicja an ihm überhaupt kein Interesse haben, weil eine ihrer besten Freundinnen bereits ein Auge auf ihn geworfen hat. Aber auf Gefühle hat man eben nur selten Einfluss. Eine kleine Lovestory ist in dieser Geschichte also ebenfalls verpackt, und die ist witzig und süß ohne kitschig zu sein.
Das Ende hat mir ebenfalls gefallen, denn es bringt eine schöne und wahre Botschaft rüber. Es kann immer mal sein, dass einen die Eltern bzw die Familie nervt, man kann sich auch mal gründlich über sie ärgern, aber im Grunde liebt man sie eben doch von ganzem Herzen.

 

Ich hatte das Buch an einem Abend ausgelesen. Es ist so witzig und Alicja erzählt so toll und jugendlich locker und frech, da flogen die Seiten nur so dahin. Die Kapitel haben eine knackige Länge, bei der ich mir immer dachte: ‘ach komm, eines noch’ und plötzlich war ich auf der letzten Seite angekommen. So macht Lesen Spass.

 

Das Cover ist nicht ganz mein Fall. Ich mag diese grob gezeichnete Frauengestalt nicht. Dafür hat mich der Hintergrund grinsen lassen. Diese Herzchen, die dafür stehen könnten, wie sehr Alicja ihre Mutter eigentlich doch liebt. Und die Totenköpfe mit dem darunter gekreuzten Besteck für die Wut und den Ekel, die sie speziell bei Mutters Kochkünsten oft überkommen.

 

Fazit:   Ich hatte einen vergnüglichen Abend mit “Widerspruch zwecklos – Wie man eine polnische Mutter überlebt”. Alicja erzählt auf sehr witzige Art und Weise von den Eigenarten ihrer Mutter und von gemeinsamen Erlebnisse, die oft haarsträubend verlaufen. In meinen Augen will die Geschichte in erster Linie unterhalten und nicht der Aufhänger für Diskussionen über Vorurteile sein, und mich hat sie prima unterhalten! Ein witziges Buch für zwischendurch, in dem sich Teenager jeder Nationalität wiederfinden werden.

Quelle: http://leserattz.wordpress.com/2013/08/29/rezension-widerspruch-zwecklos-oder-wie-man-eine-polnische-mutter-uberlebt-emmy-abrahamson