Verführerisches Cover, inhaltlich aber mit Schwächen

William wusste schon immer, dass er anders war als die anderen Kinder seines Alters. Wie anders, erfährt er, als sich ihm die kleine Drachendame Nildani offenbart, die viele Jahre in einem Kettenanhänger um seinen Hals schlief. Sie führt ihn in eine Welt voller Magie und hochmoderner Technologie. Als William von ihr erfährt, dass er ein Druide ist und auf eine magische Schule gehen muss, beginnt für die beiden ein Abenteuer, von dem William nie zu träumen gewagt hätte. Zusammen mit Nildani findet er endlich seine Familie, bestreitet sein zusätzliches Dasein als Werwolf und schafft es, sich als zukünftiger Graf von Saargnagel zu etablieren. Doch auch das Dunkle aus Williams Vergangenheit greift um sich.
Dieses Buch habe ich im Rahmen einer Leserunde auf lovelybooks gelesen, nachdem ich auf der Buchmesse schon so von dem schönen Cover angetan war. Da führte daran einfach kein Weg vorbei.
Die Geschichte hat auch einiges wirklich gut gemacht. Für meinen Geschmack jedenfalls. Erstens ist die Hauptperson William ein Jugendlicher, und ich habe ein Faible für Jugendbücher. Wobei ich mir aber vorstellen kann, dass auch erwachsene Fantasy-Fans ihren Spass daran haben werden. Was gleich zum zweiten meiner persönlichen Pluspunkte führt. Es ist Fantasy aber ohne diese Wesen, die bei mir sofort eine Allergie auslösen: Elfen, Orks und all diese Gestalten aus Richtung Tolkien. Da kann ich mich mit Zauberern, Druiden, Werwölfen und Drachen weit besser arrangieren. William, seines Zeichens Jung-Druide, mochte ich sehr schnell. Und seine kleine Drachendame Nildani schon mal lange, so goldig wie sie beschrieben wird und mit ihrer frechen großen Klappe! Ich habe bei einigen Dialogen zwischen ihr und William grinsen müssen, da geht es oft ganz schön rund.
Genau wie in der Handlung an sich auch. Hier ist immer etwas los, sodass es niemals langweilig wird. Zunächst lernt man natürlich in erster Linie die wichtigsten Charaktere und Zusammenhänge kennen, wie es sich für einen ersten Band gehört. Die Figuren und Schauplätze sind schön anschaulich beschrieben. So kann man sie sich gut vorstellen. Zu meiner großen Freude wird mit diesen Schilderungen auch nicht übertrieben. Ich brauche zB keine halbseitige Beschreibung einer Wiese. Da übertreiben es viele Fantasy-Autoren mit ihrer Liebe zum Detail. Alfons Theodor Seeboth hat für mich genau das richtige Maß dabei getroffen. Anschaulich, aber nicht zu ausführlich. Schön!
Es gibt aber auch zwei Knackpunkte für mich bei dieser Geschichte. Sie hätte nämlich gerne spannender sein können. Dabei mangelt es nicht an brenzligen Situationen, nein, aber William meistert sie stets quasi aus dem Handgelenk. Egal, was es ist, es gelingt bzw nimmt ein gutes Ende. Daran kann man sich leider gewöhnen, was bei mir zur Folge hatte, dass ich irgendwann nicht mehr mitgefiebert habe.
Damit hängt auch gleich Knackpunkt zwei zusammen: ich mochte William wirklich, mir wurde er aber nach und nach zu sehr zu einem kleinen Heiligen, der bereitwillig verzeiht -sogar wenn ihn der neue Freund zuvor ewig getrietzt hat- und völlig selbstlos durch das Geschehen geht. Wenn ich nicht wüsste, dass William stets alles gelingt, würde ich mir Sorgen machen, denn so viel Selbstlosigkeit würde jedem sonst in seiner Situation irgendwann zum Verhängnis werden.
Und ich wette, ihm steht noch einiges bevor, denn das eigentliche Abenteuer nimmt hier nur in Ansätzen seinen Lauf. Selbst was es mit dem titelgebenden “purpurnen Traum” auf sich hat, wird noch nicht ganz klar.
Generell hat mich bei der Geschichte die unglaubliche Ähnlichkeit mit “Harry Potter” verblüfft. Es sind wirklich massig sehr ähnliche Elemente enthalten. Da der Autor an der Leserunde teilnahm, hat er mir auf diese Anmerkung hin erklärt, dass solche Elemente sich auch schon in Fantasygeschichten von Potter finden lassen. Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Um das zu wissen müsste ich ja alles gelesen haben, was das Genre seit Anbeginn in den Buchhandel gebracht hat.
Fakt ist aber: wer seinen “Harry Potter” kennt (und dafür reicht alleine Band 1 dieser Reihe), der wird hier viel Liebgewonnenes in kleinerer Abwandlung wieder antreffen. Das kann für Fans dieser Bücher auf der Suche nach neuem Lesestoff ja durchaus ein Vorteil sein.
Die Kapitel sind nicht gerade kurz, aber weil immer etwas los ist und Dank der amüsanten Dialoge zwischen William und Nildani. lesen sie sich gut und leicht. So ein Funken Humor macht bei mir in dieser Hinsicht gut etwas aus. Die Titel der Kapitel sind außerdem immer so verheißungsvoll, dass man einfach wissen möchte, was als nächstes passiert. So kamen mir die ziemlich genau 400 Seiten gar nicht so viel vor
.
Ich bin seit der Messe hin und weg von diesem Cover. Der Drache ist so goldig und der Wolf so schön…hach! Außerdem mag ich die düstere und leicht unheimliche Szenerie sehr gerne. Ein wunderschönes Cover für einen Fantasyroman.
Fazit: Mir hat das Buch ein paar unterhaltsame Leseabende beschert. Speziell Nildani habe ich sehr schnell in’s Herz geschlossen und ich habe oft über das Geschehen und gewitzte Dialoge geschmunzelt. Die Phantasiewelt hier klingt sehr einladend und wird erfreulicherweise ohne Ausschweifungen beschrieben
Ich hoffe, das Leben wird für William noch etwas anstrengender, denn bisher läuft bei ihm für meinen Geschmack alles zu glatt. Das nimmt Spannung raus. Und ein paar charakterliche Ecken und Kanten würde es ihm vielleicht auch bescheren. Das fände ich ebenfalls prima.