Was wäre wenn...?

Oktoberfest - Christoph Scholder

Das Gas wirkte in Sekunden. Plötzlich war es in dem riesigen Bierzelt still. Totenstill.
Der zweite Wiesn-Sonntag. Weiß-blau erstreckt sich der Himmel über München, Tausende strömen auf das größte Volksfest der Welt. Partystimmung, so weit das Auge reicht, ausgelassen tanzen die Leute in den riesigen Zelten. Niemand ahnt, dass dieser Nachmittag um exakt vier Minuten vor sechs in einem Höllenszenario enden wird. Denn genau zu diesem Zeitpunkt gibt Oleg Blochin, der skrupellose Kommandeur einer russischen Elite-Soldateska, seinen Männern den Befehl, das Betäubungsgas im ersten Bierzelt freizusetzen. Und das ist erst der Anfang: Schlag auf Schlag geht es weiter, 70 000 Menschen werden zu Geiseln in einem hochriskanten Spiel auf Leben und Tod.

 

“Oktoberfest” war gerade mal angekündigt, aber noch nicht erschienen, da stand für mich schon fest, dass ich diesen Thriller lesen muss. Daran war natürlich auch wieder meine Begeisterung für Thriller von deutschen Autoren Schuld, dafür kann ich mich immer wieder begeistern. Aber auch die Inhaltangabe klang in meinen Ohren mehr als vielversprechend. Irgendwo habe ich scheinbar ein Faible für solche Katastrophen-Geschichten.
Entsprechend habe ich mich voll freudiger Erwartung ans Lesen gemacht und schon nach wenigen Seiten einen deftigen Dämpfer erfahren.
Kapitel mit Handlungen irgendwann in den 80ern oder 90ern, gelegentlich mal auch um das Jahr 2000 herum, noch dazu in Russland oder Afghanistan spielend, ab und zu mal in Deutschland…aber von der Handlung auf dem Oktoberfest weit und breit noch nichts zu lesen. Natürlich, einige Kapitel schildern Vorkommnisse, bei denen klar ist, dass sie damit im Zusammenhang stehen, die die Vorbereitungen  beschreiben. Mehr aber nicht. Wieder andere hatten damit direkt gar nichts zu tun. Da habe ich manches Mal vorgeblättert um zu sehen wie weit es noch bis zu den Kapiteln mit den “Countdown-Überschriften” in Gestalt von Uhrzeitangaben ist. Geschichten im “Früher” sind nicht mein Ding, ebenso wenig Geschichten, die in Ländern wie Russland oder Afghanistan spielen.
ABER als die Story anlief und die Handlung sich auf die Wies’n, die Politik und die Ermittlungen verlegte  ab da konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Es war faszinierend zu lesen, mit welcher Technik, Ausrüstung, Planung  und mit  welchen Waffen die Terroristen den Anschlag duchführen. Es war super spannend, wie sich die Lage auf dem Oktoberfest entwickelt. Und es war beeindruckend , für welchen Aufruhr das Attentat in der Politik gesorgt hat, welche Verbindungen aufgezeigt werden und welch interessante Sonderermittler auf die Attentäter angesetzt werden.  Ich hätte nie gedacht, dass ein solcher Angriff so weitreichende Auswirkungen haben könnte, aber wenn man es liest, dann ist es eigentlich nur logisch. Meine Hochachtung vor Christoph Scholder, denn ich kann mir gut vorstellen, dass solchen Geschichten eine intensiven Recherche vorausgeht.
Ab einem bestimmten Kapitel zum Ende hin ahnt man allerdings schon, was es mit einer bestimmten Person auf sich hat, doch das nimmt der Spannung wirklich gar nichts.

 

In “Oktoberfest” spielt das Militär eine große Rolle und ich hatte den Eindruck, dass der Schreibstil entsprechend “zackig” ausfällt. Kurze Sätze ohne jede Nebensächlichkeiten.  Es ist interessant von einer Liebe zu lesen, die zwar benannt wird, aber eben “nur” Tatsache bleibt, ohne große Beschreibungen der Gefühlswelten der beiden Personen.  Das ist gewöhnungsbedürftig, scheinbar ist man doch eher mal lange Sätze und etwas Gefühlsduselei gewöhnt ;)   Hat man den Bogen raus, dann liest sich “Oktoberfest” sehr flüssig. Ich habe knapp fünf Tage dafür gebraucht. Ich denke, ich wäre schneller gewesen, wenn es mehr Dialogpassagen gegeben hätte. Für diese beschreibenden Passagen braucht man seine Zeit, da sie sehr kompakt sind und in besagten kurzen Sätzen eine Menge Informationen stecken.

 

Ich habe das Buch schon sehr oft in Buchläden gesehen und mit dem leuchtend roten Umschlag fällt es in den Regalen sofort auf. Die kyrillisch anmutenden Buchstaben des Titels tun das Übrige dazu. Außerdem weckt ein Titel wie “Oktoberfest” sicher sowieso Interesse, erstmal recht, wenn man dann “Thriller” liest. Denn daran denken bei diesem Begriff sicher die Wenigsten.

 

Fazit:  Ich habe kein anderes Wort dafür: saustark! Für mich zwar erst nach diesen ganzen einleitenden Kapiteln, dann aber auf ganzer Linie. Ein sehr spannender, interessanter und durchdachter Thriller. Das Buch lässt einen in jedem Fall beeindruckt zurück und der Gedanke “Was wäre wenn…so etwas wirklich mal passieren würde?” stellt sich während und spätestens nach der Lektüre unweigerlich ein. Wenn ein Buch das schafft, ist es gut.

Quelle: http://leserattz.wordpress.com/2010/09/21/rezension-oktoberfest-christoph-scholder